Das Blutgefäßsystem, angetrieben vom Herzen, ist jedem geläufig und verständlich. Was ist jedoch Lymphflüssigkeit, woher kommt sie und warum entsteht ein Ödem?

Den Anfang des Lymphkreislaufs bilden blind in der Peripherie endende Lymphkapillaren. Diese führen zu Lymphgefäßen, die den gesamten Körper wie ein Netz überziehen, gleich wie das Blutgefäßsystem. Die Lymphgefäße vereinen sich zu größeren Stämmen und fließen letztendlich in den linken und rechten Venenwinkel und transportieren somit die Lymphflüssigkeit wieder zurück in den Blutkreislauf. Beim Menschen sind dies 2-3 Liter täglich, die wieder zurück geführt werden. Das Lymphsystem ist quasi ein wichtiger Teil der Müllentsorgung unseres Körpers. Es ist verantwortlich für den Abtransport von sogenannten lymphpflichtigen Lasten (u.a. Zellen, Fettlast, Wasserlast, Eiweißlast, Glucose und Lymphozyten) die im Gewebe anfallen. Darüber hinaus hat das Lymphsystem einen großen Einfluss auf das Immunsystem, da es die Lymphflüssigkeit durch die zwischen geschalteten Lymphknoten reinigt (Bakterien und Viren). Wertvolle Fette aus der Nahrung werden durch die Dünndarmlymphgefäße aufgenommen und gelangen dadurch in den Blutkreislauf. Im Gewebe hat das Lymphsystem die wichtige Drainagefunktion und ist verantwortlich für den Erhalt der Homöostase (Flüssigkeitsgleichgewicht). Gerät dieses Gleichgewicht außer Kontrolle können Ödeme (sicht- und tastbare Schwellung aufgrund einer pathologischen Flüssigkeitsansammlung im extrazellulären Raum) entstehen. Das Lymphsystem ist mit dem Abtransport überfordert.

Der Lymphfluss wird durch verschiedene Komponenten angetrieben, dazu zählen Eigenmotorik der Lymphgefäßsegmente, Muskeltätigkeit, Atmung, Darmperistaltik und Herztätigkeit. Die Lymphdrainage ist eine manuelle Behandlungsmethode, die durch spezielle gezielte sanft-kreisende Griffe durchgeführt wird und den Lymphfluss anregt.

Die Wirkung der manuellen Methode ist entödematisierend (abschwellend), detonisierend, schmerzlindernd, sympathikolytisch (beruhigend), Immunabwehr unterstützend, verdauungsfördernd und positiv bei der Muskelregeneration (durch erhöhten Milchsäureabbau).

Die Anwendungsgebiete der Lymphdrainage sind vielfältig. Dazu zählen unter anderem Drainagen nach einer behandelten Phlegmone (bis hin zur Elefantiasis), Schwellungen post Trauma oder post OP (z.B. nach Kastrationen oder Kolik-Operationen, Unterbauchödeme), Immobilisation durch Verbände oder Cast (durch die reflektorische Wirkung der Lymphgefäße kann das umliegende freie Gewebe behandelt werden), Ödeme sowie hormonelle Ödeme, Immobilität, Hufrehe, Sehnenscheidenentzündungen (Tendovaginitis), Muskelverspannungen, Sehnenverletzungen und Kolikprävention.

Die manuelle Lymphdrainage „bewegt“ viel im Körper der Patienten und darf daher bei einigen Kontraindikationen aus Sicherheitsgründen nicht angewendet werden. Bei akuter bakterieller oder viraler Infektion, akuter Phlegmone, Fieber, Herzschwäche, malignen Tumoren und akuter Thrombose sollte die Lymphdrainage auf keinen Fall angewendet werden.

Der Therapieplan bei Lymphdrainage besteht bei Bedarf aus einer medikamentösen Ersttherapie, manueller Lymphdrainage und der Kompressionstherapie (mittels Wassertherapie oder Kompressionsstrümpfen/Verbänden). Die Hauttherapie muss immer ein Bestandteil der Behandlung sein. Um die Lymphflüssigkeit anzuregen ist oft ein gezieltes Bewegungsprogramm erforderlich. Gerne verwende ich Kinesio-Taping um den Lymphabfluss positiv unterstützen. Bitte verstehen Sie, dass Lymphdrainage keine einmalige Behandlungsmethode ist und abhängig je nach Fall mehrere Behandlungen erforderlich sein können.

Vor meiner Ausbildung war ich eher skeptisch gegenüber den sanften „Streicheleinheiten“, aber wer einmal eine Lymphdrainage am eigenen Körper erfahren konnte, weiß was für einen vielseitigen Effekt diese Behandlung hat!